NDR Nordtour
Beitrag 14.05.2022
Mikroabenteuer
Bei Mikroabenteuern geht es vor allem darum, seine Komfortzone zu verlassen und einfach raus zu gehen um etwas zu erleben. Ohne großen Aufwand, ohne viel Geld. Abenteuer gibt es nicht nur nach einem langen Flug in die Ferne, sondern auch direkt vor der eigenen Haustüre. Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir es uns bequem eingerichtet haben und alles planbar zu sein scheint. Apps helfen uns bei der Organisation des Tages, zeigen uns den Weg und vernetzen uns. Das ist alles sehr hilfreich, allerdings wird unser Alltag dadurch auch sehr vorhersehbar. Aus der Komfortzone heraus zu treten, bedeutet auch, Unsicherheiten auszuhalten und ungewöhnliche Lösungen für Probleme zu finden. Diese Dinge sind es, die uns wieder flexibel im Kopf werden lassen und uns aufzeigen, was wirklich in uns steckt.
Während meiner freiberuflichen Arbeit als Erlebnispädagogin fiel mir auf, dass man, um etwas zu erleben, nicht unbedingt ein Kanu oder eine Kletterausrüstung benötigt, sondern die Natur selbst schon viel zu bieten hat. Dies hat mich mitunter dazu veranlasst, mich im Bereich Naturcoaching weiterzubilden.
Die Natur ist ursprünglich und wenn wir uns auf sie einlassen, können wir viel entdecken und erfahren. Kinder gehen meist mit einer großen Neugier in die Natur, nehmen wahr, wie weich Moos ist, was alles so unter einem Stein krabbelt oder wieviel Spaß es macht, in eine große Matschpfütze zu springen. Wir Erwachsenen haben das weitestgehend verlernt.
Häufig braucht es gar nicht viel, um ein Abenteuer zu erleben. Das kann ganz klein anfangen, indem man einfach mal das Smartphone in der Tasche behält und ohne Plan losläuft oder sich die Schuhe auszieht und eine Zeit lang barfuß läuft. Eben Dinge tut, die man normalerweise nicht tut und die einen dazu bewegen, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten.
Auch eine Übernachtung im Wald oder am Strand kann ein Abenteuer sein, das einen Abstand zum Alltag gewinnen lässt. Draußen zu übernachten ist erlaubt, solange man nicht zeltet, man darf sich aber eine Plane spannen, oder – noch spannender - sich ein Lager aus Naturmaterialien selbst bauen. Wichtig zu beachten ist, niemanden zu belästigen und darauf zu achten, dass man keinen Müll liegen lässt (siehe weitere Infos unten).
Mit Wald und Wellen veranstalte ich zudem Nachtwanderungen. Tagsüber im Wald spazieren zu gehen, verbinden viele Menschen mit Erholung. Das gleiche jedoch bei Nacht zu machen, löst einen gewissen Nervenkitzel aus. Hier knackt es, dort huscht etwas durchs Gebüsch und schon rast der Puls. In diesem Rahmen setzen wir uns auch viel mit dem Thema Angst auseinander, wie sie wirkt, welchen Nutzen sie hat und warum wir sie im Dunkeln mehr spüren als bei Tageslicht. Wir lernen, wie man mit Angst umgehen kann, und bekommen so Werkzeuge an die Hand, die wir auch in unseren Alltag transportiert anwenden können. Das kann uns auch - und besonders während der momentanen Situation - helfen, einen richtigen Umgang mit den eigenen Ängsten zu finden.
Was ist ein Mikroabenteuer ?
- Erlebnisse, für die man nicht in die Ferne reisen oder einen großen Aufwand betreiben muss.
- Kann direkt vor der Haustüre und hinter der nächsten Ecke stattfinden.
- Kostet in der Regel kein Geld und ist so auch für Menschen mit einem kleinen Portemonnaie machbar
- Umweltfreundlich: Beim "richtigen" Mikroabenteuer geht man zu Fuß, fährt Rad oder benutzt nur öffentliche Verkehrsmittel
- Dauert nicht länger als 72 Std.
- Auch als 9 to 5 Abenteuer möglich (nach der Arbeit direkt los)
- Übernachtung ohne Zelt
Grundsätzlich kann jede/r natürlich ihre/ seine eigenen Regeln aufstellen. Wo die eigene Komfortzone anfängt, ist bei jeder/ jedem doch sehr unterschiedlich, und so muss man als Mikroabenteuer Anfänger/in nicht zwangsweise sofort draußen übernachten, sondern startet erstmal mit einem Spaziergang oder einer kleinen Wanderung.
DEIN Mikroabenteuer ist das, was DU daraus machst!
Achtung!
Es gibt jedoch auch ein paar Dinge, die zu beachten sind:
- Beim Übernachten in der Natur gilt es darauf zu achten, wo man übernachtet. Auch wenn man generell das Recht hat, den Wald zur Erholung zu nutzen, egal wer der Eigentümer ist. Bei Privatgrundstücken bspw. macht es Sinn, lieber einmal freundlich nachzufragen, ob es okay ist, dort zu übernachten. Das gibt einem selbst ein besseres Gefühl und vermeidet zudem Ärger.
- Camping ist generell verboten; biwakieren (Plane, Hängematte..) jedoch (als Grauzone) erlaubt. Im Naturschutzgebiet und Landschaftsschutzgebieten ist zelten ebenso wie biwakieren verboten.
- Bei Lagerfeuer: Waldbrandgefahr unbedingt beachten. Lieber an ausgewiesene Lagerfeuerstellen ausweichen.
- Respekt und Rücksicht vor der Natur: Lärm vermeiden und Müll nicht liegen lassen. Ruhezonen von Tieren sollten nicht betreten werden.
Tipps für Mikroabenteuer:
- Nachtwanderungen oder Übernachtungen in der Natur
- Von zu Hause los laufen, ohne vorher zu wissen wohin (Handy in der Tasche lassen), einfach mal die Augen für Entdeckungen aufhalten: Dadurch andere Stadtviertel, Besonderheiten usw. entdecken
- Von zu Hause ans Meer laufen
- Nachts im Meer oder in einem See schwimmen
- Barfuß-Spaziergang
- Foto Wanderung: Fotos sammeln, z.B. zu unterschiedlichen Themen (Schönes, Skurriles, Verwunschenes, Seltenes usw.)
- Münze werfen, um zu entscheiden, ob man nach links oder rechts abbiegt
- Mit Bus/ Bahn fahren, soweit einen 10 € bringen
- Einen Tag ohne Handy/ Geld verbringen
- Einem Bachlauf folgen. Bei kleinen Bächen: Nicht neben, sondern im Bach laufen (besonders schön im Hochsommer)
- Spaziergänge und Wanderungen bei Regen, Nebel oder nachts
- In Pfützen springen - macht gemeinsam mit Freunden am meisten Spaß
- Kochen in der Natur (Waldbrandgefahr beachten)
- Kochen „mit“ der Natur: Essbares suchen und zubereiten (z.B. Brennnesseltee)
- Sternschnuppennacht: Wenn Sternschnuppen angekündigt sind, draußen übernachten. Egal ob auf dem Balkon, im eigenen Garten oder in der Natur
Tipps für Mikroabenteuer in und um Kiel:
- Von Leuchtturm zu Leuchtturm wandern/ Radtour: Bülk - Friedrichsort - Holtenau - Heidkate
- Kaltenhofer Moor: Verwunschenes Moorgebiet im Kieler Norden
- Steilküstenwanderung durch den Wald an der Küste: Bülk - Stohl - Schwedeneck
- Alte Eider Schleuse: Start am Café Schleusen-Garten in Altenholz
- SUP Tour: Mit dem Stand up Paddle in der Kieler Förde, auf der Schwentine oder dem Westensee fahren. Ggf. mit Übernachtung am Ufer.
- Fähre fahren: Mit der Adler 1 über den Nord-Ostsee Kanal oder mit der Fördefährlinie der SKF
- Picknick am Strand: Ausschau nach Schweinswalen oder Robben halten
Tipps für Mikroabenteuer in Schleswig-Holstein:
- Zu Fuß oder mit dem Fahrrad von der Ostsee an die Nordsee laufen/ fahren
- Die "alte Liebe" in Ostholstein (Nähe Haffkrug) suchen
- Wanderung entlang des Nord-Ostsee Kanals
- Wanderung entlang der Eider
- Outdoor bouldern am "Düvelsteen" bei Großkönigsförde
- Auf den höchsten "Berg" Schleswig-Holsteins laufen (Bungsberg 167m)
- Geocoaching
City Bound
Nicht nur in der Natur, sondern auch in der Stadt kann man Aufregendes erleben, z.B. im Rahmen von City Bound. Beim City Bound werden in Teams spielerisch verschiedene Aufgaben gelöst. Es gibt Aufgaben, die einen, mal mehr oder weniger, aus der eigenen Komfortzone treten lassen und andere Aufgaben, die einem helfen, das urbane Leben in einer Stadt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Sind Sie zum Beispiel schon mal in Zeitlupe durch die Fußgängerzone gelaufen? Oder haben Sie wildfremden Menschen ein Kompliment gemacht? Auch hier benötigt es wieder nicht viel, dass der eigene Puls steigt. Die Reaktionen der Menschen sind mindestens so überraschend, wie die Gefühle, die in uns hochkommen. Angefangen mit Scham, versuchen erstmal verschiedene Ausweichtaktiken, welche in der Regel unbewusst in uns ablaufen, uns davon abzubringen, Dinge zu tun, mit denen wir aus dem Rahmen fallen und unvorhergesehene Reaktionen in unserem Umfeld auslösen. Diese wahrzunehmen und zu überwinden lässt uns über uns hinauswachsen. Die Emotionen, die wir empfinden, wenn wir uns überwunden haben, werden uns überraschen.